„ … und nicht alle gehen hin!“ von Charlotte Schillhammer
Wohl in unser aller Interesse sind bestens ausgewählte und ausgebildete, hoch motivierte Kolleginnen und Kollegen, die sich ihrer Stellung im Rechtsstaat bewusst sind und die ihrer Tätigkeit auf angemessene Art und Weise nachkommen. Letzteres ist für mich übrigens die Kurzformel der Welser Erklärung. Zurück zu Auswahl und Ausbildung: Da haben wir bei uns sicher einen hohen Standard erreicht. Sollen wir uns damit aber schon zufrieden geben? Wenn wir diese Ausgabe unserer Zeitung in Händen halten, werden wir vermutlich auf unseren Schreibtischen oder besser Bildschirmen bereits eine Umfrage der Universität Wien vor uns haben, die unter anderem auf Auswahl und Ausbildung unseres Nachwuchses abzielt. Neben der Sammlung allgemeiner Informationen werden wir in dieser Umfrage aber auch ganz konkret nach unserer Meinung gefragt. Schon allein aus praktischer Erfahrung haben wir dazu sicher viel zu sagen. Einerseits wurden wir selbst ausgewählt und ausgebildet, andererseits sehen wir an unseren Rp und RiAA, wie Auswahl und Ausbildung heute ablaufen. Diese unmittelbaren Wahrnehmungen versetzen uns in die Lage, Stärken und Schwächen gut abschätzen zu können. Insofern sollten wir uns da als Fachleute zu Wort melden, also bitte an der Umfrage teilnehmen! Wir alle kennen den Spruch „Stell´ Dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“. Nun können wir, wenn wir diesen Spruch mit Auswahl und Ausbildung unseres Nachwuchses in Verbindung bringen bzw darauf anwenden, wohl kaum davon sprechen, dass sich unserem Auswahlverfahren und der daran anschließenden Ausbildung niemand stellt, also „keiner hingeht“. Aber wer stellt sich dem? Wollen zu uns die Besten der Besten? Ja schon, wäre meine erste spontane Antwort, wenn ich da so an die RiAA denke, die mir in den vergangenen Jahren zur Ausbildung zugeteilt waren. Manche der Besten orientieren sich aber auch anders, also könnte man sagen "... und nicht alle gehen hin". Ich denke, dass wir uns darüber Gedanken machen bzw die Frage nach den Gründen stellen sollten. Es hängt wohl letztlich mit der Attraktivität unseres Berufsstandes zusammen. Ich erinnere mich da an das eine oder andere Gespräch mit Rp, die ich auszubilden hatte. Zu deren unterschriftsreifen Urteilsentwürfen ist mir gerade noch einmal „§ 500a ZPO" eingefallen. Und auch dem Rechtsmittelgericht ist später dazu nicht viel mehr eingefallen. Leider haben diese Rp, die auch in persönlicher Hinsicht bestens geeignet gewesen wären, unseren Berufsstand einfach als nicht ausreichend attraktiv empfunden, um die Übernahme anzustreben. Das wurde von den Rp zwar selten so deutlich ausgesprochen, es war aber deutlich herauszuhören. Zusammengefasst würde ich die Gründe auf zwei Nenner bringen: zu wenig Gehalt, kein ausreichendes Image einer Stellung im öffentlichen Dienst, und sei es derjenigen einer Richterin, eines Richters. Ich glaube, dass viele Kolleginnen und Kollegen ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Das sollte uns, aber nicht nur uns, das heißt unserem Berufsstand, sondern auch den verantwortlichen legislativen und exekutiven Einrichtungen in unserem Land zu denken geben, wenn wir jetzt einmal voraussetzen, dass auch diesen daran gelegen ist, dass in den judikativen Einrichtungen die Besten der Besten tätig sind. Ein erster Schritt könnte etwa eine Befragung derjenigen sein, die nicht übernommen werden wollen. Dann sollten wir uns eingehend mit den genannten Gründen auseinandersetzen und nach umfassender Diskussion überlegen, wie dem Problem beizukommen ist. |