Editorial 2013-07/08

Sommerloch entfällt!

von Gerhard Jarosch

Der Juli ist da und wir können entspannen, laue Abende mit Familie und Freunden verbringen, einen kurzen oder längeren Urlaub genießen. Selbst im Büro ist weniger los, Arbeitsgruppen und große Besprechungen sind auf den September vertagt und alle mit denen wir zu tun haben, scheinen einen Gang zurück geschaltet zu haben. Auch in der Justiz darf es ein klein wenig ruhiger zugehen, als im Rest des Jahres. Selbst nach Abschaffung der verhandlungsfreien Zeit. Dass dringende Sachen in allen Sparten auch jetzt so rasch als möglich bearbeitet werden, gilt natürlich auch im Sommer, dennoch können wir alle für Herbst und Winter Energie tanken.

In normalen Jahren gilt das auch für alle Justizangehörigen, die sich mit Öffentlichkeitsarbeit beschäftigen. Das normale Sommerloch bringt zwar JournalistInnen dazu, Saure-Gurken-Fragen zu stellen und ihre Archive auf nicht abgeschlossene Verfahren zu durchforsten, über die in den letzten Monaten nicht berichtet wurde. Mitunter werden Verfahren in das Licht der Öffentlichkeit gehoben, die während des restlichen Jahres niemand beachtet hätte. Sonst gibt’s ja wenig zu berichten. In diesem Sommer aber herrscht Wahlkampf und das lässt Einiges befürchten. Dass Justizpolitik sachlich und unaufgeregt im öffentlichen Diskurs betrieben werden sollte, gilt auch außerhalb der Wahlkampfzeiten nur noch eingeschränkt. In diesen Zeiten „fokussierter Unintelligenz“ werden die Glacéhandschuhe endgültig ausgezogen. Wichtige Sachthemen werden anhand zugespitzter Fälle zwecks parteipolitischer Kleingeldprägung missbraucht, laufende Strafverfahren gegen politische Gegner genüsslich ausgebreitet. Und wo noch keine Strafverfahren laufen, kann man ja noch rasch eine Anzeige erstatten. Irgendwo wird schon irgendwas ein Missbrauch der Amtsgewalt gewesen sein. Dieses mitunter unappetitliche Schauspiel könnte man wie einen schlechten Horrorfilm mit wohligem Schauer genießen oder sich angewidert abwenden. Leider werden auch wir zu dieser Schlammschlacht eingeladen und leider müssen wir hingehen. Es liegt nun an uns, dabei nicht im Dreck mitzucatchen, sondern ruhig und besonnen, objektiv und distanziert zu informieren. Art. IX der Welser Erklärung der Richtervereinigung und Art. VII des Berufskodex der Staatsanwältevereinigung liefern dafür zwei wichtige Grundlagen: Parteipolitische Tätigkeit schadet der Glaubwürdigkeit der beiden Berufsgruppen. Während der nächsten drei Monate gilt diese Empfehlung noch mehr als sonst. Auch wenn wir als Bürgerinnen und Bürger privat politische Präferenzen oder Aversionen haben mögen und sollen, als RichterInnen und StaatsanwältInnen müssen wir uns aus dem Wahlkampf heraus halten. Jedes Interview, jeder Kommentar, jede öffentliche Äußerung könnte durch die eine oder andere Seite missbraucht werden, wenn wir nicht genau auf unsere Wortwahl aufpassen. Die Gerichtsbarkeit und ihre Angehörigen sollten sich nicht für eine Partei einspannen lassen. Sie sollten nicht einmal den geringsten Anschein in dieser Richtung erwecken. Das ist leichter gesagt als getan, vor allem in diesem Sommer. Passen wir auf!