Da kommt Freude auf?von Werner Zinkl
„Die Familienrichter werden sich freuen, es kommt der Instanzenzug zum OLG, das bedeutet eine Aufwertung der Familiengerichtsbarkeit und bessere Karrierechancen für Familienrichterinnen und Familienrichter“. Das verkündete die Frau Bundesministerin für Justiz kürzlich in einer Fernsehsendung. Ein Systembruch, der durch nichts zu rechtfertigen ist, am wenigsten durch die Vorspiegelung besserer Karrierechancen. Viele Familienrichterinnen und Familienrichter arbeiten aus Berufung in dieser Sparte, sie leisten hervorragende Arbeit und benötigen in diesem sehr oft von Emotionen getragenen und sehr tief ins Privatleben der Verfahrensbeteiligten gehenden Bereich beste Arbeitsbedingungen, optimale personelle Ausstattung und die Einrichtung einer schon lange geforderten Gerichtshilfe. Gerade der Bereich des Familienrechts erfordert die Besten in der I. Instanz, dort wo der Kontakt zu den Rechtsuchenden stattfindet und der Großteil der Verfahren auch rechtskräftig wird. Genau auf dieser Ebene sollte man ansetzen, wenn man die Familiengerichtsbarkeit aufwerten will. Das erreicht man nicht durch die Änderung des Instanzenzuges und die Schaffung eines vermeintlichen Anreizes, sich durch die Bewerbung zu einem „höheren“ Rechtsmittelgericht karrieremäßig zu verbessern. Die auch mit diesem Denkansatz verbundene verstärkte Spezialisierung durch das in Aussichtstellen einer Verwendung in derselben Sparte in der Rechtsmittelinstanz bringt zwingend einen Rückschritt im Hinblick auf den vom Dienstgeber so oft geforderten flexibleren Einsatz von Richterinnen und Richtern. Flexibilität bedeutet nicht nur Versetzbarkeit, sondern auch Einsatz in mehreren Sparten. Wo sollen also die Vorteile in dem angekündigten Vorschlag liegen? Soll es in Familienrechtsachen nur mehr vier Rechtsmittelstandorte geben? Sollen sich künftig die Familien- und AußerstreitrichterInnen direkt vom Bezirksgericht zum Oberlandesgericht bewerben können? Das würde eine Abkehr von der bisherigen Reihungspraxis der Personalsenate erfordern, die durch eine derartige Kompetenzverlagerung nicht zwingend zu erwarten ist. Woraus sollte sich ein Anspruch auf die tatsächliche Verwendung in Familien- und Außerstreitsachen bei den Oberlandesgerichten ableiten – das bleibt ja wohl weiterhin eine Frage der Geschäftsverteilung? Was ist mit den in Exekutions- und Bestandsachen tätigen Richterinnen und Richtern, oder den Straf- und ZivilrichterInnen bei den Bezirksgerichten? Auch im Hinblick auf die sich immer mehr einbürgernde Praxis, dass jede Reform aufkommensneutral zu sein hat, ist Vorsicht geboten. Was kostet eine Verlagerung der rund 42 Richterinnen und Richter, die derzeit bei den Landesgerichten im Rechtsmittelbereich in Familien- und Außerstreitsachen tätig sind, zu den Oberlandesgerichten? Am Ende kommt vielleicht irgendjemand noch auf die aberwitzige Idee, das fragwürdige realitätsfremde Punktesystem anzuwenden und aus den rund 42 Rechtsmittelrichtern und Rechtmittelrichterinnen in Familien- und Außerstreitsachen bei den Landesgerichten werden plötzlich nur 30 Richterinnen und Richter an den Oberlandesgerichten, wobei sich an der Gesamtarbeitsmenge ja nichts ändern würde. Ein derartiges Abgehen von der Selbstverständlichkeit, notwendige Planstellen bei den Oberlandesgerichten in derselben Höhe zu schaffen, würde der angekündigten Reform schon aus diesem Grund jegliche Berechtigung nehmen. Im BMJ wird bereits überlegt, nur einen Teil der familienrechtlichen Rechtsmittelsachen zu den Oberlandesgerichten zu geben und die Unterhaltsachen bei den Landesgerichten zu belassen. Das würde zu einer zusätzlichen Rechtsmittelebene führen, wo soll da ein Vorteil liegen und wo bleibt der bisher hochgehaltene Grundsatz, „alles, was eine Familie betrifft, in einer Hand“? Meine Freude hält sich in Grenzen. Na ja – ich bin kein Familienrichter – aber ich bin Realist! |