Die Fachgruppe Zivilrecht der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter hat zu einem Ministerialentwurf für ein Zahlungsverzugsgesetz (ZVG) (BMJ Z7.052/0018-I 2/2011) folgende Stellungnahme abgegeben:
Grundsätzlich wird das Gesetzesvorhaben begrüßt. Durch die Umsetzungsnotwendigkeit der in Rede stehenden RL macht es durchaus auch Sinn, verwandte Gesetzesbestimmungen zu überdenken und anzupassen. Die Bandbreite der Transformationsmöglichkeiten ist in Umsetzung der RL denkbar gering, wobei ganz insgesamt zu bedenken ist, dass sich diese durch eine Vielzahl von unbestimmten Gesetzesbegriffen auszeichnet, die den richterlichen Alltag – ähnlich schon wie durch das KSchG bedingt – nicht leichter machen werden. § 907a ABGB Die in Aussicht genommene Regelung wird gutgeheißen. Sie korrespondiert mit den Erfordernissen eines modernen Geschäftslebens. Ein „Mehr“ an Arbeitsaufwand für die Richterschaft ist nicht zu erwarten, allfällige Beweisproblematiken sind leichter handhabbar als bei der bisherigen Regelung. § 456 UGB Wir treten für die Beibehaltung des Basiszinssatzes als Bezugsgröße ein. Bei anderer Lösung wäre insbesondere – ohne sachlichen Mehrwert – das Formular für Mahnklagen, die in diesem Bereich Massenverfahren sind, anzupassen. Ebenso halten wir das Anknüpfen an den subjektiven Verzug grundsätzlich für sachgerecht, wenn dies auch zu Beweisverfahren allein über das Verschulden und somit einer gerichtlichen Mehrbelastung führen könnte. Es ist davon auszugehen, dass ein potenzieller Kläger zumeist Behauptungen dergestalt aufstellen wird, dass er höhere Zinsen lukrieren kann. § 457 UGB Fragwürdig ist der Gehalt der im letzten HS des Abs 1 angeführten „sachlichen Rechtfertigung“. § 458 UGB Man darf hier nicht vergessen, dass von einem nicht unbeträchtlichen Teil der betroffenen Verträge große Bauaufträge (zumeist wohl nach Vergabeverfahren) erfasst sind. Bei derartigen Bauvorhaben wird zumeist nach Abschnitten mit Teilrechnungen abgerechnet. Es ist dabei Usus, dass vieles „am Bau“ sehr informell abläuft und erst nach Fortschreiten des Vorhabens im Zuge der zumeist wöchentlich stattfindenden Baubesprechungen vorneweg noch nicht absehbare Probleme auftauchen und vieles ohne schriftlichen „Beweis“ und auch ohne „Beweis“ für eine ausdrückliche Vereinbarung festgehalten wird. Alles in allem erscheint die nach der RL zu treffende Regelung praxisfern. Ein „Empfang von Waren oder Dienstleistungen“ lässt sich hierbei oft auch gar nicht festmachen. Etwas unklar ist der im letzten HS wiedergegebene Passus betr den Hinweis in den Vertragsunterlagen. Heißt dies, dass an der dort genannten Stelle nur auf die potenzielle Möglichkeit der Fristverlängerung Bezug zu nehmen ist, die dann im Einzelnen ad hoc vereinbart wird oder ist dieser Umstand dort bereits explizit anzuführen? § 460 UGB Es erscheint uns einerlei, ob die Wendung „grobe“ oder „gröbliche“ Benachteiligung benützt wird. Zu fürchten ist durch den Abs 2 leg cit eine zunehmende Komplizierung der sodann von den Gerichten zu führenden Verfahren, die an die Komplexität von Prozessen im Lichte des § 6 KSchG heranreicht. Vielleicht würde es dem Umsetzungserfordernis Genüge tun, die genannten Kriterien in den EB festzuschreiben, um keine unnötige Überfrachtung der bloßen Gesetzesbestimmung gewärtigen zu müssen. Abgelehnt wird hingegen die Verwendung des Wortes „Geschäftspraktik“, die, worauf die EB ohnehin hinweisen, nur dann Gültigkeit erlangen, wenn sie - egal ob als AGB oder im Einzelnen ausverhandelt - Vertragsinhalt geworden sind. Ein Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhafter Umsetzung wäre hier nicht zu erwarten. Fachgruppe Zivilrecht Dr. Sabine Längle Mag. Hans Erwin Nigl |