Die richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Standesvertretungen sprechen sich grundsätzlich nicht gegen das geplante Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch zum Schutz von Unmündigen geändert wird (BMJ-S318.030/0001-IV 1/2011) aus, geben aber folgende Überlegungen zu bedenken:
Zunächst erscheint es bemerkenswert, dass im Zuge eines Reformvorhabens lediglich eine einzige Gesetzesbestimmung im Strafgesetzbuch geändert werden soll (erinnert frappant an die seinerzeitige Einführung des „Kampfhundeparagrafen"), obwohl die grundsätzliche Problematik der Gewaltausübung gegen Minderjährige keinesfalls durch die singuläre Maßnahme der Erhöhung der Strafrahmen oder Einführung einer Untergrenze erfolgversprechend behoben werden kann. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass flankierende Maßnahmen im Bereich der Jugendwohlfahrt (zB verstärkte Kontrollen bei Verdachtsmomenten, rasche und konsequente Reaktionen der Jugendwohlfahrtsträger) Minderjährigen präventiv wirksameren Schutz gegen Gewaltanwendung von Erwachsenen bieten könnten. Die Analyse der Täterpersönlichkeiten zeigt in weitaus überwiegender Zahl mit schwierigen Lebenssituationen meist überforderte Erziehungsberechtigte, die sich spontan zu Tathandlungen hinreißen lassen. Bei einer derartigen Täterstruktur wird die Wirkung der Generalprävention generell als beschränkt eingeschätzt. Systematisch wäre die Gesetzesbestimmung eher bei den Strafzumessungsgründen anzusiedeln und als besonderer Erschwerungsgrund zu konzipieren. Grundsätzlich treten die Standesvertretungen aber dafür ein, nicht - wie in der Vergangenheit leider immer wieder praktiziert (Stichwort "Anlassgesetzgebung") - bloß punktuelle Änderungen im Sanktionensystem vorzunehmen, sondern das Gesamtgefüge (insbesondere das Verhältnis Vermögens- zu Gewaltdelinquenz) zu überdenken. Hingewiesen wird einmal mehr auf die bereits im Jahre 2004 (?) durchgeführte parlamentarische Enquete und deren Ergebnisse, an die bei einer grundlegenden Diskussion angeknüpft werden kann. |