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Sicherheitspolizeigesetz PDF Drucken E-Mail
Die Vereinigung der österreichischen Rchterinnen und Richter und die Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der GÖD haben zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das Polizeikooperationsgesetz und das Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert werden (BMI-LR1340/0005-III/1/2011) folgende Stellungnahme abgegeben:

Die Stellungnahme konzentriert sich auf § 21 Abs 3 Z 1 und § 54 Abs 2a SPG des Entwurfs.

Zu Art 1 Z 6
§ 21 Abs 3 Z 1 SPG des Entwurfs normiert die erweiterte Gefahrenerforschung gegen eine einzelne Person.

Einleitend wird eingeräumt, dass das Ziel, einen potentiellen, besonders gefährlichen Einzeltäter möglichst früh zu ausfindig zu machen, nachvollziehbar ist. Schwer zu beurteilen ist jedoch die Treffsicherheit der den Sicherheitsbehörden eingeräumten weiteren Überwachungsbefugnisse (insb zur Datenermittlung und deren Bearbeitung). Damit stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der durch diese erweiterte Gefahrenerforschung vorgesehenen Grundrechtseingriffe.

Zwar genügen die in lit a) und b) beschriebenen Verhaltensweisen (etwa die Wutäußerung eines Jugendlichen in einem Internetforum, der sich für eine schwere Sachbeschädigung ausspricht) noch nicht für eine polizeiliche „Beobachtung“ einer Einzelperson. Vielmehr muss die weitere Voraussetzung erfüllt sein, dass damit zu rechnen ist, dass sie eine mit schwerer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbundene weltanschaulich oder religiös motivierte Gewalt herbeiführt. (vgl § 21 Abs 3 SPG idgF zur Beobachtung von Gruppierungen).

Problematisch sind aber die unbestimmten Gesetzesbegriffe,  wie dies auch die intensiven Diskussionen um den Anwendungsbereich der Tatbestände zu Vorbereitungsdelikten wie § 278a StGB (Kriminelle Oraganisation) oder§ 278b StGB (Terroristische Vereinigung) zeigten. Eine restriktive Auslegung solcher unbestimmter Gesetzesbegriffe ist zwar unerlässlich, kann aber nicht garantiert werden. Umso mehr müsste die gesetzlich vorgesehene Kontrolle dies sicherstellen. Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob das Kontrollsystem des SPG diesen Anforderungen genügt, wozu folgendes Beispiel angeführt wird:
Die erweiterte Gefahrenerforschung nach § 21 Abs 3 SPG setzt zwar die Ermächtigung des Rechtsschutzbeauftragten voraus (§ 91c Abs 3 SPG), dem jederzeit Gelegenheit zu geben ist, die Durchführung dieser Maßnahmen zu überwachen, dh der Rechtsschutzbeauftragte hat von sich aus eine Kontrolle durchzuführen. Dies erscheint nicht ausreichend, umso weniger, als die erweiterte Gefahrenerforschung zeitlich unbegrenzt ist.

Demgegenüber normiert die Strafprozessordnung eine verpflichtende periodische Berichterstattung. Nach § 100 Abs 1 Z 3 StPO hat die Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft über Ermittlungen schriftliche (Zwischen)Berichte in Abständen von drei Monaten zu erstatten. 

Zu Art 1 Z 14
§ 54 Abs 2a SPG des Entwurfs sieht den Einsatz technischer Mittel zur Feststellung des räumlichen Bereichs des Aufenthalts einer Person vor (angesprochen sind etwa Peilsender, GPS). Eine solche Observation bedeutet einen weitergehenderen Eingriff in die Privatsphäre als eine Observation ohne solche technische Unterstützung.

Auch zu dieser Bestimmung fällt eine Diskrepanz zwischen dem SPG und der StPO bei der Kontrolle dieser Ermittlungsmaßnahmen auf:
Während die Kriminalpolizei eine Observation iSd § 130 Abs 1 StPO (ohne Einschränkung auf die Verfolgung bestimmter Straftaten) von sich aus durchführen kann, ist eine durch den Einsatz technischer Mittel unterstützte Observation gemäß § 130 Abs 3 StPO nur bei Verdacht einer vorsätzlichen Straftat, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, zulässig und bedarf einer Anordnung der Staatsanwaltschaft (§ 133 Abs 1 StPO; vgl im Übrigen auch die zeitlichen Beschränkungen in § 133 Abs 2 StPO).

Hingegen reicht es nach § 91c Abs 1 SPG des Entwurfs auch bei durch den Einsatz technischer Mittel unterstützter Observation aus, den Rechtsschutzbeauftragten bloß in Kenntnis zu setzen. Ein nach Eingriffsdichte differenzierendes Kontrollsystem (etwa durch Anwendung des § 91c Abs 3 SPG auf durch den Einsatz technischer Mittel unterstützte Observation, allenfalls erweitert um eine Gefahr-in-Verzug-Regelung) scheint aus dieser Sicht geboten. 

Zusammengefasst bestehen ernste Bedenken daran, dass die mit den angesprochenen Bestimmungen vorgesehenen (erweiterten) Eingriffe insbesondere in das Grundrecht auf Achtung der Privatsphäre den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit entsprechen.

 
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