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Familienrichtertag 2009 PDF Drucken E-Mail
Wie viel Anders-Sein verträgt unsere Gesellschaft –  Herausforderung psychische Erkrankung

Unter diesem Titel wird der 23. Familienrichtertag vom 14. bis 15. Mai 2009 in Salzburg abgehalten. 100 FamilienrichterInnen aus ganz Österreich beschäftigen sich mit Fragen, die eigentlich nur im Einzelfall entschieden werden können. Doch für ausführliche Gespräche mit den Betroffenen bleibt kaum Zeit, zu groß ist der Zeitdruck durch die hohe Zahl der zu erledigenden Fällen.

„Wenn er an die falsche Frau kommt, wird er ihr leichtfertig seine Lebensversicherung von € 40.000.- übertragen, es fehlt ihm die Überblicksgewinnung“, so der neurologische Sachverständige über Herrn J (52). Dessen Tante hat die Sachwalterschaft angeregt, weil sie selbst pflegebedürftig ist. Er kauft ständig Kinderspielzeug, kein wertvolles (sonst würde man von einem Hobby sprechen!) sondern wahllos, sein Konto überzieht er aber nie. Der Richter muss entscheiden – braucht Herr J. einen Sachwalter, der ihm das Geld einteilt? Muss die Justiz jeden vor sogenannten Fehlentscheidungen bewahren oder lässt man dem Einzelnen die Freiheit zu entscheiden  - auch mit dem Risiko „falsche“ Entscheidungen zu treffen?

Immer mehr gesellschaftspolitische Phänomene landen letztlich vor Gericht: Verhaltensauffällige Jugendliche, die aus den Familien herausgenommen werden müssen, sind auch oft für die sog. Krisenzentren zu schwierig. Was kann man da noch machen? fragt im Rahmen der Tagung Prim.Dr. Werner Leixnering von der Linzer Wagner-Jauregg Klinik, derzeit ist die Psychiatrie oft der einzige Ort für diese Jugendlichen. Fälle in denen Unmündige als selbst- oder fremdgefährdend eingestuft werden, sind heute leider keine Ausnahme mehr, die „Heime für Schwererziehbare“ wurden längst abgeschafft, neue Modelle sind aber nicht vorhanden.

Freiheitsbeschränkende Maßnahmen in Heimen sind nach dem Heimaufenthaltsgesetz grundsätzlich verboten, doch wie schaut es aus mit Freiheitsbeschränkung durch Psychopharmaka aus: wenn die Heimbewohner zu schläfrig sind, können sie nicht davonlaufen. Dass auch die Medikamentengabe eine Freiheitsbeschränkung darstellen kann, ist gängige Judikatur, aber was ist mit den müde machenden Nebenwirkungen diverser Medikamente? Mit diesem Thema beschäftigt sich Dr. Marc Keglevic in einem Arbeitskreis.

Ein Betroffener in Wien – Döbling hat sich unlängst selbst erschossen, als der Richter sein Haus betreten wollte. Richter besuchen im Rahmen der vorgeschriebenen Erstanhörung (im Rahmen des Sachwalterschaftsverfahren) psychisch Kranke zu Hause, dass hier bisher noch nie etwas passiert ist, spricht für das Einfühlungsvermögen der Familienrichter. Der Vortrag Wie schützt sich der Richter selbst in brenzligen Situationen im Umgang mit psychisch Kranken? wird sehr interessant, müssen doch immer öfters Hausverbote für Gerichtsgebäude erlassen werden, die Aggressivität der Parteien ist im Steigen begriffen....

Auch die schwierige Auswahl des Sachwalters und die Höhe seiner Entschädigung wird Thema sein. Apropos Entschädigung des Sachwalters: Im derzeit im Parlament behandelten Budgetbegleitgesetz soll nun eine neue Gerichtsgebühr für das Sachwalterschaftsverfahren beschlossen werden - ein Viertel der Entschädigung des Sachwalters - u.a. um so etwas Geld für die Sachwaltervereine zu erhalten. Ob es der Staat Österreich tatsächlich notwendig hat, von psychisch Kranken und geistig Behinderten Geld einzutreiben, sollte hinterfragt werden - in vielen Fällen wird aber ohnehin „Verfahrenshilfe“ zu gewähren sein, was wiederum die Gerichte mehr belastet, obwohl es eigentlich ein Entlastungspaket für die Justiz geben sollte....

 
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